Sonntag, Oktober 03, 2010

Elektrorollstuhl auf Kassenkosten?

Erwachsene Mitglieder einer gesetzlichen Krankenkasse haben keinen Anspruch auf Kostenübernahme für einen Elektrorollstuhl oder ein sogenanntes Rollstuhl- Bike wenn sie sich mit einem herkömmlichen Rollstuhl in einem Radius von 500 Metern um ihre Wohnung in zumutbarer Zeit selbstständig bewegen können. Das hat das Landessozialgericht Münster mit einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 24.6.2010 (Az.: L 16 KR 45/09) entschieden.

Dem schwerbehinderten Kläger fielen die mit seinem handbetriebenen Rollstuhl zurückgelegten Wege zusehends schwerer. Er beantragte daher bei seiner Krankenkasse die Kostenübernahme für die Anschaffung eines Rollstuhlbikes.

Nachdem die Kasse den Antrag des Klägers abgelehnt hatte, landete die Sache vor Gericht. Doch dort erlitt der Mann aus dem westfälischen Nottuln eine Niederlage.

Gemäß § 33 SGB V haben behinderte Versicherte nur Anspruch auf die Kostenübernahme für solche Hilfsmittel, welche der Erfüllung eines allgemeinen Grundbedürfnisses des täglichen Lebens dienen. Dabei sollen die Hilfsmittel einen Basisausgleich der Behinderung zum Erschließen eines gewissen körperlichen Freiraums bieten, so das Gericht.

Dieser Freiraum umfasst nach Ansicht der Richter die Wohnung sowie die Erledigung von Alltagsgeschäften wie etwa Einkäufe, Bank- und Postgeschäfte sowie den Besuch von Ärzten und Apotheken im „Nahbereich“ der Wohnung des Versicherten.

Gestritten wurde um die Frage, was in diesem Zusammenhang als „Nahbereich“ anzusehen ist. Das Landessozialgericht hat sich in seiner Entscheidung an der Rechtsprechung zur gesetzlichen Rentenversicherung orientiert. Danach gelten Wegstrecken in einem Radius von bis zu 500 Meter um die Wohnung eines gehbehinderten Versicherten als Nahbereich.

Erst wenn eine solche Wegstrecke von einem Versicherten aufgrund seiner Behinderung nicht mit einem herkömmlichen, von Hand betriebenen Rollstuhl in zumutbarer Zeit zurückgelegt werden kann, hat er nach Ansicht des Gerichts einen Anspruch auf die Kostenübernahme für die Anschaffung eines Elektrorollstuhls durch seine Krankenkasse.

Da der Kläger die vom Gericht festgesetzte 500 Meter-Distanz mehr oder weniger problemlos mit seinem handbetriebenen Rollstuhl bewältigen kann, wurde seine Klage als unbegründet zurückgewiesen.

Die Frage, was als „Nahbereich“ anzusehen ist, wurde bislang noch von keinem deutschen Gericht entschieden. Das Landessozialgericht Münster hat daher mit seinem Urteil juristisches Neuland betreten. Die Richter haben wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falls allerdings eine Revision zum Bundessozialgericht zugelassen.

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