Sonntag, Januar 28, 2007

Hinten anstellen !

Hinten anstellen!

Rollstuhlfahrerin wurde von einem Forum-Mitarbeiter aus der Warteschlange zitiert, um "erst einmal alle anderen durchzulassen". Kiethe: "Es gibt Leute, die sind einsichtig und andere fühlen sich diskriminiert"

Ilona Jahnke ist immer noch konsterniert. Die an Multipler Sklerose erkrankte 53-Jährige, die seit rund 15 Jahren auf den Rollstuhl angewiesen ist, geht oft und gerne ins Theater. Doch was ihr am Dienstag im Forum Niederberg passierte, lässt ihr keine Ruhe. Gemeinsam mit ihrer 18-jährigen Tochter wollte sich die Nevigeserin das Musical "Mahalia" ansehen. "Vor dem Theatersaal war eine lange Schlange", erzählt sie. "Der Saal wurde etwas später als üblich geöffnet und so knubbelte sich alles im Vorraum." Als der Gong erklang, hätten sich beide brav in die Schlange eingereiht und geduldig auf Einlass gewartet. "Kurz vor der Saaltür sprach dann ein Mitarbeiter des Forums meine Tochter an", erinnert sich Ilona Jahnke. "Der Rollstuhl sei ein Hindernis - wir sollten uns hinten anstellen und erst einmal alle anderen durchlassen." Vollkommen perplex hätte sie das Feld geräumt. Doch diese Diskriminierung, "dass ich nicht in den Saal durfte, sondern mich hinten anstellen musste", will Ilona Jahnke nicht hinnehmen.

Forum-Geschäftsführer Udo Kiethe ist sich keiner Schuld bewusst: Der Vorfall habe sich genau so zugetragen, "und als Chef des Hauses stehe ich auch dazu". Einer seiner Mitarbeiter im Foyerdienst habe die Rollstuhlfahrerin in höflichem Ton gebeten, noch einen Moment zu warten, bis die anderen Theaterbesucher im Saal seien. Kiethe: "Wenn 684 Personen ins Theater wollen, ist ein Rollstuhl ein Hindernis." Dass Ilona Jahnke sich diskriminiert fühlt, kann Kiethe nicht nachvollziehen: "Es gibt halt Leute, die sind einsichtig und andere fühlen sich diskriminiert und artikulieren sich bei der Zeitung. Es gibt ja auch Leute, die fühlen sich schon diskriminiert, wenn sie ihren Mantel an der Garderobe abgeben müssen." Seinen Mitarbeiter könne er nur ausdrücklich loben, "dass er höflich war und gut reagiert hat". Das Forum sei ein "Top-Haus mit einer Super-Dienstleistung." Und für seine Mitarbeiter lege er seine Hand ins Feuer.

Als Dienstleistung könne man das Verhalten des Forum-Mitarbeiters nun wirklich nicht bezeichnen, meint hingegen Margit Benemann. "Man kann den Mut haben, erfinderisch zu sein und den Leuten zu helfen oder auf seine Vorschriften beharren", kommentiert die Geschäftsführerin des Vereins für Menschen mit Behinderung "Pro Mobil" das Geschehen. Kundenfreundlich wäre es ihrer Meinung nach gewesen, wenn der Forum-Mitarbeiter die Rollstuhlfahrerin zu ihrem Platz geleitet hätte. "Das ist Service, wie ich ihn zum Beispiel aus dem Kino Cinemaxx kenne."

Für Ilona Jahnke ist der Fall noch lange nicht erledigt: "Ich habe schon daran gedacht, unserem Bürgermeister einen Brief zu schreiben." Immerhin: "Die anderen Theaterbesucher waren äußerst nett und haben uns in der Pause vorgelassen, als wir uns etwas zu trinken holen wollten."

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