Sonntag, Februar 11, 2007

Trotz Rollstuhl kein Behindertenparkplatz

WIESBADEN Rund 6,7 Millionen schwerbehinderte Menschen leben zur Zeit in Deutschland. Ihnen erleichtern Schwerbehindertenausweise den Alltag - doch Antragsteller Lothar Korn verstarb während der langen Bearbeitungszeit.
Von

Julia Anderton

Nachdem im Juni 2006 bei Lothar Korn aus Oestrich-Winkel ein schnellwachsender Tumor in der Nebenhöhle diagnostiziert wurde, der sich trotz zweier Operationen ins Gehirn ausbreitete, wurde er in die Pflegestufe drei eingestuft: Der 69-Jährige war zudem so stark gehbehindert, dass ihm die Krankenkasse einen Rollstuhl bewilligte. Um bei den regelmäßigen Arzt- und Klinikbesuchen einen Behindertenparkplatz beanspruchen zu können, beantragte er beim Hessischen Amt für Versorgung und Soziales Wiesbaden am 23. Oktober vergangenen Jahres den Eintrag des Merkzeichens aG für "außerordentlich gehbehindert" in den Schwerbehindertenausweis. "Als meine Tochter nach drei Wochen beim Sachbearbeiter nachfragte, antwortete er nur, er würde niemanden bevorzugen", ärgert sich Ehefrau Elisabeth Korn.

Sie habe daraufhin die Amtsleitung angeschrieben, doch keine Reaktion erhalten. Diese sei erst Mitte Januar erfolgt - doch da hatte sich die Sache bereits erledigt, denn ihr Mann ist am 20. Dezember 2006 gestorben. "Ich finde es unmöglich, wie Pflegebedürftige von den Behörden behandelt werden", so Elisabeth Korn (69). "Von jedem Dienstleister erwarten wir schnelle Erledigung. Was aber kann der Steuerzahler verlangen von Leuten, die von ihm bezahlt werden?" Drei Mal pro Woche habe sie ihren Mann zur Behandlung in die Mainzer Universitätsklinik fahren müssen und war jedes Mal für die Nutzung eines Behindertenparkplatzes auf das Wohlwollen der Pforte angewiesen. Bei anderweitigen Arztterminen musste sich die Tochter eigens frei nehmen, um den kranken Vater in die Praxis zu geleiten, während die Mutter einen Parkplatz suchte. Trotz körperlicher und seelischer Belastung hätten sie als Angehörige keine Hilfe bekommen.

Christa Halama-Koch, Leiterin des Hessischen Amt für Versorgung und Soziales Wiesbaden, betont: "Wir betrachten den Mensch nicht als Akte, wir betrachten ihn als Menschen." Daher habe es ihr auch sehr leid getan, dass der Antragsteller zwischenzeitlich verstorben sei. Allerdings sieht sie keinen Fehler auf Seiten des Versorgungsamtes: Dem Antrag sei zwar ein Befundbericht beigefügt gewesen, doch da es bei Krebserkrankungen nicht automatisch so sei, dass das Merkzeichen aG gewährt werde, müsse dieser Umstand aus dem Bericht eindeutig hervorgehen, was bei dem vorliegenden Fall nicht geschehen sei. Daher habe man weitere Unterlagen vom Hausarzt Korns angefordert, die anschließend vom ärztlichen Dienst geprüft worden seien: "Wir haben gleich reagiert. Aber wenn nachgefordert und ausgewertet werden muss, dauert es etwas länger." Nach zwei Wochen sei der Antrag durch den ärztlichen Dienst bearbeitet gewesen, doch durch Computerprobleme konnte nicht auf die Daten zugegriffen werden. Die lange Bearbeitungsdauer habe ihre Ursache somit in einer Aneinanderkettung unglücklicher Umstände. In einem Schreiben an Elisabeth Korn bat die Amtsleiterin, die so entstandene Verzögerung zu entschuldigen. Diese ist an die Öffentlichkeit getreten, weil sie hofft, dass den Verantwortlichen dadurch die Augen geöffnet werden und das Erlebte somit ein Einzelfall bleibt:"Ich habe mich so allein gelassen gefühlt."

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

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