Freitag, März 09, 2007

Betrunken auf Radweg: Rollstuhlfahrer droht Haft

Betrunken auf Radweg: Rollstuhlfahrer droht Haft

JUSTIZ Weil er eine Geldstrafe nicht zahlt, muss der Solinger Heinz Reimus wohl ins Gefängnis.

Ein feuchtfröhlicher Abend in einem Haus an der Burger Landstraße: Heinz Reimus (63) feierte den Geburtstag eines Freundes. In dunkler Nacht machte er sich später auf den Heimweg. Weil er mit seinem Elektro-Rollstuhl nur Niederflurbusse benutzen kann, fuhr er am Straßenrand auf dem Radweg-Streifen gen Innenstadt. Das Problem: Er war betrunken. Und das hat nun böse Folgen.

„Eine Polizeistreife hielt an und kontrollierte mich“, berichtet der ehemalige Schmied und Maurer, dem vor zwei Jahren ein Bein amputiert werden musste. Er sei sich keiner Schuld bewusst gewesen, sagt Reimus. Sein Elektro-Rollstuhl (6 km/h) sei ordnungsgemäß für den Straßenverkehr zugelassen; er habe auch die Warnblinkanlage angeschaltet. Was keineswegs in Ordnung war: Die 1,91 Promille, die von der Polizei in seinem Blut gemessen wurden. Die Staatsanwaltschaft leitete ein Verfahren ein, und der Invalidenrentner kassierte wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr einen Strafbefehl über 1225 Euro. „Weder ein Richter noch ein Staatsanwalt hat mich angehört“, schimpft Reimus. Außerdem könne er die Strafe von seinen 961 Euro Rente nicht begleichen. Auch die Ratenzahlung, die ihm die Staatsanwaltschaft anbot, könne er nicht stemmen: „50 Euro im Monat sind zu viel. Da gehe ich lieber ins Gefängnis.“ Dauer der „Ersatzfreiheitsstrafe“: 35 Tage.

Krankheit oder Behinderung schützt nicht vor Haftstrafe

Wenn jemand im Rollstuhl sitze, sei das kein Hinderungsgrund, erklärt Alfons Grevener, Sprecher der Wuppertaler Anklagebehörde. Die Justizvollzugsanstalten seien darauf eingerichtet. Wenn Reimus nicht zahle, müsse er mit der Ladung zum Haftantritt rechnen. „Alles andere wäre Rechtsbeugung“, betont Grevener. „Schließlich hat der Mann durch seine Trunkenheitsfahrt nicht nur sich, sondern auch andere gefährdet. Wie schnell könnte ein Autofahrer, der dem Rollstuhl ausweichen will, gegen einen Baum prallen.“

( ab)
09.03.07

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