Mittwoch, Juli 25, 2007

Im Rollstuhl durch Perwenitz

PERWENITZ Manchmal können Stufen unüberwindbare Hindernisse sein. In Perwenitz etwa ist das der Fall, dort führt eine Treppe fast so steil wie die Zugspitze in die Bibliothek hinauf. "Die ist ja schon für gesunde Menschen eine Katastrophe ", sagt Cornelia Hagmann. Für Menschen mit Gehbehinderungen ist sie völlig unbenutzbar.

Die Behindertenbeauftragte von Schönwalde-Glien ist mit Bürgermeister Bodo Oehme und einigen Bürgern in dem kleinen Ort unterwegs, um zu überprüfen, wie barrierefrei er ist. Ihr Urteil am Ende: Es gibt einige kritische Stellen, da muss etwas geschehen. Aber ansonsten gibt es ja kaum öffentliche Einrichtungen im Ort, keine Bank, kein Supermarkt und Klamottenläden schon gar nicht. Die Begehung beschränkt sich somit nur auf einige wenige Einrichtungen wie zum Beispiel die Kirche in der Ortsmitte. "Hier gibt es zwar ein Geländer, aber es ist zu nah an der Wand", sagt Cornelia Hagmann. Mittig gesetzt wäre es weitaus günstiger gewesen. Das müsse unbedingt verändert werden.

Gleich kapitulieren muss hingegen Matthias Weber, der sich probeweise in einen Rollstuhl gesetzt hat: Es gibt keine Rampe und auch keinen ebenerdigen Seiteneingang an der Kirche. Wer in Perwenitz Gottes Segen empfangen will, muss also gut zu Fuß sein. Oder ein langes Brett bei sich haben, das er selbst über die Stufen legt.

Busreisende haben es da schon etwas besser. Zum einen wird der Ort regelmäßig von einem behindertengerechten Bus angefahren, zum anderen ist der Bürgersteig direkt an der Haltestelle abgesenkt. Einen Minuspunkt gibt es dennoch zu verzeichnen: Eine Sitzbank fehlt. "Wer hier länger als zehn Minuten warten muss, hat’s schwer", sagt Cornelia Hagmann. Sie will sich für eine Bank einsetzen.

Der Weg durch den Ort ist dank des neuen Bürgersteigs, der Ober- und Unterdorf seit dem Frühjahr miteinander verbindet, recht gut zurückzulegen. "Früher gab’s für Fußgänger ja keinen Zugang", erklärt Bodo Oehme. Sie mussten auf der Straße laufen – für Gehbehinderte ein viel zu gefährliches Unterfangen. Heute indes kann man problemlos vom Oberdorf zur Schule hinunter marschieren. Cornelia Hagmann honoriert das mit einem zufriedenen Nicken. "Das ist sehr schön." Einzig die leichte Steigung, die sich durch ganz Perwenitz zieht, stellt für Rollstuhlfahrer einen Nachteil dar, der sich aber wohl nicht beheben lässt.

Die Behindertenbeauftragte betont, dass sich Barrierefreiheit aber nicht nur auf Behinderte beziehe. Viele Leute würden sie immer wieder fragen, ob es denn überhaupt Behinderte in Schönwalde gebe. "Behindertengerecht heißt auch bürgergerecht", sagt sie. Mütter oder Väter mit Kinderwagen oder ältere Leute, die nicht mehr so gut laufen können, würden von abgesenkten Bürgersteigen ja auch profitieren. Als positives Beispiel aus der Vergangenheit führt Cornelia Hagmann etwa die Tür zur Bank in Schönwalde-Siedlung an. Bei einer Ortsbegehung sei bemerkt worden, dass sie viel zu schwer zu öffnen sei. Mittlerweile lasse sie sich ganz leicht öffnen.

"Vieles sind kleine Dinge, die man als Nicht-Betroffener gar nicht wahrnimmt", sagt sie. Für Behinderte seien sie aber mit großen Nöten verbunden. Hierfür ein Bewusstsein in der Gemeinde zu schaffen, ist Cornelia Hagmanns großes Anliegen.

CHRISTIANE TAUER

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